Gegenwart!

Teil der Ewigkeit,
Im tiefsten Atemzug.
In sich selbst beruhend.
Ohne Vergangenheit- Zukunft
Und doch ein Nichts ohne dies..
Sprühender Kristall.
Leben. Erleben.
Worte, Geste, Liebe, Kunst!
Mosaik aller Möglichkeiten,
Auch das Böse einschließend-
Lebendigstes des Lebendigen!

September 1967

Trottoirmaler

Einer olivenfarbigen Lotosblume gleicht die Malerin.
Die Mutter ist Pariserin, der Vater Mongole. –
Der schwere schwarze Vorhang ihrer Wimpern verhängt den Silberblick
das blauschwarze Haar ist gebändigt in zwei Zöpfen.
Die hält den plumpen Pastellstift zwischen dem edlen
Gewächs ihrer Finger,
malt einen Bajazzo!
Dann liegt sie hingestreckt auf den Asphalt
ein Panther in den Dschungeln.-
Sie lächelt aus erhabenen Nächten – Erinnerung aus Paris -Quartier Latin!
Ihre Sehnsucht fährt wie ein Schiff auf der Seine
durch die le Pont Neuf.
In einer Schachtel liegt gespendetes Geld.
Ich zähle heimlich die Groschen, Ungefähr 11 Mark.
Mit Christus- oder Künstlerbärten sitzen Kollegen lässig um sie herum
Schenk mir die Nacht, 0 Weib- nicht so nach Männersinn -Schon deine Nähe wäre mir Umarmung, Ewigkeit!
Vielleicht, vielleicht ein jäher Biss in deine Brust,
Nun gut. Der Wunsch ist Traum.
Der Regen, euer Feind und tausend Schuhe wischen aus bis morgen
Sein Gemälde!  Doch du lächelst nur –
Gewöhnt an die Höhle der Enttäuschung –
Kehrt wieder ihr Scholaren, nächstes Jahr!
Malt ein Bild, groß wie der ganze Platz,
Aus dem die Freude steigt
Und euer Jugendmut in flammenden Farben……

19.1.1966

Fallendes Herbstblatt

Taumle, buntfarbiger Schmetterling.
Würzige Luft hält dich im Schwebezustand.
Dann zertreten dich Menschenfüße
Und zermanscht der Regen
Deinen Feuertod!
Grauen vor dir!
Sturm, Winter, gefangen in deinem Blattgerippe.
Schluss machen?
Aber die Säfte für neues Grün
Steigen im Stamm:
Zauberwort:
Neuer Frühling!
Hoffe, schwarze Gestalt!

23.9.1967

Gewitter

Landschaften sind Gedichte –
Gedichte sind Landschaften.
Die Sonne scheint,
Aber Blitzschläge, bebender Donner
Lassen die Stämme erzittern.
Die Nächte zerbersten im Schwarzen.
Sterne wie Lichtkegel da und dort,
Wilde Seelen entflammen
Im lodernden Waldbrand.

1969

Während eines Gewitters.

Jetzt sind die Toten grau,
Die Mundwinkel herabgezogen,
Verachtung über das grausame Lebensgesetz!
Gute Nacht! Freundin!
Du spielst noch im Toto des Daseins-
Und hast noch Lieder im Haar.
Der Mond wird heute Nacht unter Gewitterschlägen
Auf die Erde stürzen!
Wenn er aufschlägt, wird Silber die nächtliche Landschaft
Übersprühen.
Schlage zu, Donner,
Ritze die schwarze Wand, Blitz-
Das Toben, das Leuchten
Versöhnt nicht die Gegensätze,
Die Chemie der Gräber,
Sie sind ohne Hoffnung auf Wiederkehr!
Gute Nacht, Nacht!

1.7.1965, ½ 1 Uhr nachts

An Dich!

Du musst sein, wie der Wind
Und orangene Himmel im Mai,
Du musst sein, wie ein Kind
Und ein Reh so frei-
Wie die Bäume im Herbsteslicht
Gleich tausender Blumen Klang’,
Schön, wie ein großes Gedicht
Und tief, wie ein Grabgesang.
So sollst Du sein und vieles mehr
Wie ein Pfeil im Ziel
Und ein goldener Speer,
Der aus der Sonne fiel.
Und was Du weißt und Dein Tun
Sei gewölbt, wie die Nacht.
Ich habe ohne zu ruhn
Alles bereit gemacht.

An Dich

Du lebst und dennoch bist du tot!
Wo hast du dich verirrt? –
Wie es so öde um mich wird! –

Kannst du denn auferstehn?
Und neu mir nah’n?
Die Trennung hat mir weh getan!

Verschwebe nie in solcher Ferne mehr,
Du könntest einmal nicht mehr aufersteh‘n
Und wie ein Hauch in deiner Nacht verweh’n!

5.Juli 1926

Dein Schlaf

Dein Schlaf ist nah, des Mundes Blüte steht
Von heißem Atem überweht
Geöffnet wie ein Kelch.
Die Wimpern schleppen
Des Dunkels Vorhang
Auf der Stunden Treppen
Zum Schloss der Träume. –
Die schöne Stirn, geneigt in Kissens Weiss,
Wie Porzellan, gewölbt, vom Lieben heiß, –
still, dass sie kein erlebtes Bild versäume –
Wird froh von meinem Auge überwacht.
Ich bin dein Wächter! Ewig es zu bleiben
Ist meines Herzens Schwur.
Die Stunden treiben
Im Schiff der Nacht
Und hinter uns verweht des Tages Spur.

29.3.51, "Dir in einer Stunde der Erinnerung - bei einem Glas Wein - und mit sehnsüchtigem Herzen"

Künstlerfest

Verehrtes, liebes Publiko,
Wir sind beisammen, leicht und froh
Und haben uns schon umgesehn
Hier sitzt manch kluger Kunstmäzen
Sie sind besonders uns als Gäste
Willkommen hier am Künstlerfeste
Sie laden sich so gerne ein –
Den Musensohn zu Sekt und Wein.
Dem edlen Gönner dann zum Lohn
Entsteht die Inspiration-
Begeistert dann und voller Triebe
Sehnt sich der Künstler dann nach Liebe.
Er sucht sich eine Maske aus
Und führt am Morgen sie nach Haus-
Natürlich nur in allen Ehren
Wer wollte dieses ihm verwehren.
Denn, warum sind denn beim „Mu-Ma“-
So viele schöne Frauen da?
Nun, Freunde, Lust sei die Parole,
Die Sorgen heut der Teufel hole.
Ist auch die Zeit sehr ernst und mies
Wir leben heut im Paradies!

Und als du

Und als du leise weintest,
da hab ich dich erkannt,
Ich habe heimlich zitternd,
mich still von dir gewandt.

Und wollte doch erfassen
die liebe Frauenhand
und schwieg, – und musste schweigen,
wie tief ich auch empfand.