An M.

Noch einmal klopft mit letzten Schlägen
Mein Blut an Deiner Seele Tor,
Noch einmal wallt es dumpf empor,
Dein Herz in Liebe zu bewegen.

Hoch einmal, wenn ich fordernd stehe
Auf meinem letzten Gang zu Dir,
O, öffne Deine Türe mir,
Eh‘ ich für immer weiter gehe!

20. 2. 27

Stimmung am Kamin

Die Heide heult, sie ist nur Einsamkeit
Doch Im Kamin brennt knisternd Scheit um Scheit.
Das Feuer – das die Welt gebar
spiegelt sich rot im dunklen Haar
der Liebsten, die am Boden kauert,
und sanft mit schweren Wimpern trauert
Wir sprechen von den letzten Dingen
und fühlen des Vergehens Schwingen.
Der Mittag ging zur Neige schon –
der alten Uhr getragner Ton
erzählt so viel, so viel davon –
Nun glimmt das letzte Scheit mit Bangen,
der Raum ist tief schon nachtverhangen
und auf der Liebsten Angesicht
verzuckt ein letztes stilles Licht…

27.12.1952, 11 bis 12 Uhr nachts

Ohne Titel (O kommt, ich will)

O kommt, ich will in eurem Tag,
Ein dunkler Gast, euch freudig grüßen,
Ich trete aus der Nacht hervor
Um tief zu knien vor euren Füßen,
Ihr seid des Himmels lichtes Blau,
Das meine Sehnsucht nicht beschattet,
Ihr seid vielleicht das große Herz
In dem das Leben mich bestattet!-

22.9.1931

Einer Frau

Ich weiß, du bist ein Weib
Madonna!
Gefährtin des Künstlers.
Wagt sich, deine Seele oft in die Nacht –
In das Unterirdische,
Das Unbewusste,
In das Labyrinth der gewünschten Irrgänge?
Heimlich?
Missest du den Himmel
An deiner Größe,
wenn die Augen feucht sind
Wie Teiche?
Weib, Madonna!

8.2.69, 3 Uhr früh
Für Frau Schempp

Schlaf

Allein mit dir, du mildes Angesicht
o Nacht!
Komm, nimm mich auf und gönne sanften Schlaf,
und lass verwehn, was diesen Stern durchbebte
und meine Seele schreckte namenlos.
Nur wer in dir in Harmonie entschwebte,
begrüßt das Licht, den  Morgen, still und groß!

1942

Gestalt und Schritt

Gestalt und Schritt und Wesen liebte ich
ohnmächtiger Träumer! Liebte dich
wie Reife liebt die junge Urgewalt!
Vielleicht war ich für deinen Kuss zu alt,
vielleicht zu weise und der Trunkenheit
zu ferne schon -zu unerreichbar weit.
Doch bleibt Erlebtes unvergessen mir
und das Erinnern weht auch über dir.
Wie traurig, dass du nie bedacht
das Leid der Welt, der Menschheit tiefe Nacht
dass Krieg und Not und der Märtyrer Kraft
ein Nichts dir galt! Nur grelle Leidenschaft
und Blutes ‚Wogen todessüßer Trank
vom Lippenkelch! Verdammnis ließ dich krank
missachten Recht und Qual. Hoch deine Art
war Zauberei! Ja, immer warst du zart
und hell wie froher Bacheswelle Klang.
Nun, junge Birke, ist der Liebessang
verstummt schon lange, du bist niemals mehr
erreichbar mir und ich vermisse sehr
die kleine Hand, das Lied in deinem Haar. –

Erwartung

Warum kommst du nicht?-
Meine Seele zittert nach dir,
in rasendem Schwunge entflieht sie dem Körper,
Und liegt vor der Tür,
Und wartet auf dich.
Warum kommst du nicht?-

Warum kommst du nicht?-
Die Tür ist offen, und meine Brust, mein Geist,
Warum kommst du nicht?-

Warum soll ich mich martern, mit Warten?
Lass mich für Stunden sterben,…denn im Tod,
Dem knochigen Rätsel,….wird Zeit zu Nichts.-
Ich wird erwachen dann vom Schall, des Schalles deines Schritts
Vom Atmen deiner Lippen Duft,
Zerrinnen ganz.- Gefühl wird Alles.-
Warum kommst du nicht? —

1921