Überlegung

Wer liebt, weint.
Sein Schlaf ist Angst.
Verlust?
Tränen sind schwarze Sterne.
Hast du je geliebt, Mann? Frau? –
Wandere, wandere.
Es gibt keine Versöhnung!
Stahl ist hart,
Liebe ist härter –
Wandere, wandere, der Wald will deinen Schritt,

Frage (Bist du weiß …)

Bist du weiß,
Bist du schwarz,
Wirfst du die Wolkenspeere?
Lassest du den Mond zerfließen
Das Maiengrün der Birken silbern knistern,
Die Wange des Mädchen streicheln?
Bist du weiß?
Ich frag alles Schöne.

Rotes Haus

Dämonische Gebrechlichkeit der Linien
Traumrot, gespenstische Einsamkeit.
Gewaltiges Dach für die Verfolgten –
Laub in wilder Ordnung fremdartiger Bäume,
Giftig grüne Wolke inmitten
Des edlen Caput mortuum.
Geschrei wilder Farben und doch harmonisch,
Ein Schritt weiter – und die brüchigen Häuser
Stürzen qualmend zusammen.

5.7.1968
Nach dem Bild „Das Rote Haus“ von Marc Chagall

An den Bürger

Hast du gesehen, Bürger,
Dass Menschen wie traurige Tiere blicken?
Hast du gesehen, Bürger,
Dass in den Augen vieler Frauen
Tausend Kinder schlafen?
Vieler Ampeln gespenstischer Farben
Erhellen armselig die Grüfte.-
Die Welt ist traurig!
Aber die Liebenden küssen sich doch!…

8.2.1969, 2 Uhr früh
Für Honest Schempp

Betrachtung (Frau, weiche Erde)

Frau, weiche Erde,
Du weißt wie ich,
Dass Paarung Auferstehung.
Sei Tor dem Menschen von Morgen,
Der im Raumschiff
Die Welt durchstößt
Und Rätsel erweckt zur Erkenntnis.

Im Fieber gesprochen

Ich höre die Schritte über mir von tränenschweren Frauen,
Besorgt um meine Wiederkehr.-
Die Sonne strahlt durch ihre Hoffnung-
Und wirft den Glanz ins rötlichblonde Haar
Des fernen Mädchens, das im Spiegel sich grüßt,—
Durchglühe die aufgebrochnen Schollen
Bis zu des Baches Rand,
Der einst des Dichters Melancholie erlöste!
Zu fröhlichem Gesang;
Und dieser, bewegt vom rhythmischen Gesetz des Seins/ Feiert in Melodien das staubgeborne Leben!

26.1.1959

Als sie ging

Welch Blick,
Blick aller Blicke!
Abschied ist Tod.-
Die enge Gasse, hell das Gewand der Frau.
Dahin, dahin!
Genau
Der Sinn des Nichts!
Verdammt, allein zu stehen,
Nur Blick und immer Blick,
Vom Leben losgelöst.
Adieu! Ein Wiedersehn?
Fragezeichen des Schicksals.
Gedankenstriche!
Lautlos ist der Moment,
Zugleich nur Schrei
Und wildes Lachen!
Sie geht ins Nebelhafte-
Die Linien dehnen sich
Ins Unbekannte.
Schließen sich zum Kreis?
Ich weiß nur dies:
Den Blick
Und wie Sekunden zerbrachen,
Zermalmt von Ewigkeit! –

1965

Ein Freund schreibt an seine Frau, die ihn verließ!

Bist du auf dem Montmartre?
In der Lichterstadt?
Gleitest du im nächtlichen schiff auf der Seine, Im grellen Licht schillernder Farbenketten,
Im Lichtcorso?
Oder flanierst du in Split oder in Dubrovnik
Wirst du „ermordet“, wie du sagtest!-
Hat dich das verwirrende Blutfieber
In die lärmenden Kaschemmen gezogen?
„Hölle, wo ist dein Stachel?“
Himmel, wo deine Helle?
Ich sitze tränenlos hier.
Stirbt deine Angora vor Heimweh?
Erlischt meine Seele!
Bist du doch in Paris
Unter Apachen?
Und hier spielt Ravel,
Hier stehen die Hügel der Nacht
Und rufen dich an meine Seite.
Ich mache im Bett Platz für dich,
Doch die Leere der Erde, frierende Verlorenheit
Wartet auf mich.
„Abschied ist Tod!“ –
weißt du noch wie wir umschlungen
Vor deinem Hause hin und her gingen?
Nun glimmt die Asche des Endes!
Geliebte, die mir den Abend oft so sanft gestaltete, Sammetweich – warm.
Ein reifes Paar, einmalig im Einmaligen!
Und nun dies Verhängnis,
„Das fortzeugend Böses muss gebären.“
0 die Nacht ist schon tief im Schlaf,
Doch wo bist du wirklich? In Split?
Im „Café leschnik deux Magots“
Ich werde wie in der Trance liegen,
Drogenschwer und die Sterne fallen in mein Haus,
Das dir so gastlich war!
Die Gewitter des Schicksals
Werden uns beide in den Abgrund, stoßen.
Verlassenheit wird wie Irrsinn dein Auge weiten…
Aber dann, für Andere, werden die Nächte wieder hell werden!-
Hell wie die Flammen der Liebesleiter.
Glaube dem Dichter, der voraussieht,
Denn er schaut das Vergangene
Und das Kommende:
Der Seherische……

1966Für Euch 3 dies Gedicht. Gemeint ist de Lundberg

Politische Sänger

Nicht abfällige Kritik
Über euch.
Euer Lied, Chanson, ist Flamme,
Aufstand in Wort und Melodie.
Vorbereiter der großen Auseinandersetzung!
Morgen!. . .
In Zukunft doch einmal –
Heute Kunst, Bravo der rasenden Jungen.
Zerschlagenes Gestühl,
Unsinniger Sinn.-
Nach euch die Garden bewaffneter Schützen.
Keine Gitarre mehr.
Gewehre, Raketen, Todgenau.-
Schauerlicher Einschlag mitten im Ziel!
Das Alte verbrennt wie eine Strohpuppe.
Heute in Kellern Orgie des politischen Liedes
Mit brennenden Noten.
Jede Note eine Plastikbombe!
He da, Ihr langhaarigen Bürgerfeinde,
Wissen müsst Ihr von einer bewussten Vorbereitung
Der Weißglut in den Straßen, den umkämpften Häusern!
Jetzt noch Lauten- dann Geschütze-
Oder Ihr seid weniger als Wind
Über dem schlafenden Gras!…

8.August 1967, 12 bis 1 Uhr nachts

Gedanken (Kein Wunder geschieht)

Kein Wunder geschieht,
Die goldenen Tore verschlossen-
Nur ein Raum voll Erinnerungen.
Der grüne Vollmond gespenstert
Über meinem Berge.
Könnte ich mich verwandeln
In Töne, in musikalische Schwingungen –
Ganz Melos werden
Und fort, ich weiß nicht wohin –
Entschweben!
Fort!
Wohin?

18.7.1967