Letzte Stunde

Letztes Adieu, wenn sich die Lippen färben
Zu falbem Grau
Und uns die Dinge,
So tausendmal geliebt (auch noch im Fluch)
Im Nebeldunst verschwimmen,
Wenn du des Letzten Letztes bist,
Entsetztes Horchen in den Grund der Welt!
Und doch, welch eine Antwort geben die Gestirne
Dem irren Rufe des Vergehenden:
Heilig ist Leben,
Heilig ist das Leben.

Mein Angesicht …

Mein Angesicht, dem Osten zugewandt,
Wird hell!
Die schwarze Macht, die 50 Sommer schon
Mich rings umgibt,
Sieht froh den Stern.
Der Lohn,
Weil ich ihn stets geliebt!
Ja, keiner kannte Grauen so wie ich.
Ich wills nicht nennen,
Nennen nicht die Qual,
Nur dich
Will ich erwarten, grosses Licht
Im Tal
Der Finsternis! Ja, du musst brennen,
Fackel der letzten Rettung dieser Menschen hier.
Bist du verbrannt und ausgelöscht vom Bösen,
Dann schleppen sie das Leid durch ihre Zeit,
Dann, Erde nimm zurück mein Fleisch,
Sei mir
Ein milder Schlaf der Ewigkeit!
Doch, lieber Stern, hilf du erlösen
Die lästernde Gemeinde. Gross und reich
Ist diese Welt, wenn du bestehst
Und allen Armen niemals untergehst!

Verzweiflung

Du gelbe Nacht
Von weissem Blitz zerrissen
Deck zu mit deinen Schatten
Den hingeworfnen Dichter!
Ohne Mass ist jene Stunde.
Ein Schacht!
Die Uhr verhöhnt mich.
Zeit ist Qual.
Wo Liebe ohne Echo –
Gebrüllt in diese Welt!
In die schwarzen Felsen deiner Jahre –
Dort birst das Ich,
Lacht irrsinnig die Tragik.
Die Ferne feiert Hochzeitsnacht,
Lebt, liebt im Kongo.
Siehst du die Flammen züngeln?
Blaue Messer schneiden in deine Seele.
Schnell, schnell die Droge.
Vergessen!
Der ganze Schmerz umfasst von Schlaf!

Horation (II)

Kann dir nicht das Wasser reichen.
Deine Hand fliegt über das Papier.
Stark du! Alt ich!
Lenau dein Bruder.
Weisses Papier voll kristallenen Sätzen.
Degen gegen Degen –
Wer siegt?
Der Hass!

 

Anruf!

Natur, du hast voll Schlaken einst
Den Mensch im Zwielicht schmerzgeboren, –
Nun helfe deinem kranken Sohn
Und gib ihn nicht in dir verloren.

Aus  Not und aus Matratzengruft,
Mit letzter Kraft und letzten Willen,
Ruf‘ ich dich an, du grosses All,
Mein ungeheiltes Leid zu stillen.

Zum Toten oder Irrenhaus,
Reisst täglich mich der Stundenquälen,
Nur deine kühne Harmonie –
Kann nochmals meine Hoffnung stählen.

O ströme ein, o helfe du,
Erstrahl erlösend zu mir nieder,
Träuf‘ deine unsagbare Kraft
In deines Kranken müde Glieder. –

Vergessen soll das Sterben sein,
Erkalten der Verfluchung Schrecken,
Fliesst du erleuchtend zu mir ein,
Zu Tat und Schönheit mich zu wecken. –

Ich stürze bittend vor dir hin,
Dem Leben oder Tod verfallen.
Ach, lass‘ nicht den Erdenschrei –
Erbarmungslos in dir verhallen!

Gärten im Abend

… Hier aber sind die kleinen grünen Straßen –
versponnen schon in ihres Dunkels Flaum,
der aus den Gärten wölkt, schon losgelassen
den Blick des Tages, und nichts als Raum

War eine Sommernacht voll wacher Sterne.
Denn nirgends naht sie inniger als hier!
Vom See weht noch ein Hauch der ros’ger Ferne,
Doch nur den Wipfel wir er sanfte Zier.

Indess die Blumen wie im Tod verblassen,
und Tau und Kühle aus den Gärten quillt –
den tiefen Gärten dieser kleinen Straßen,
die nun so einsam sind und so gestillt.

Geständnis

Ich wäre ein Feigling,
Wenn ich dir nicht meine Liebe gestände.
Gibt dir dein Künstlerblut
Den grossen Schwung,
Der sich selbst entzündet?
Meine Bilder und Verse warten auf dich.
Die Verlassenheit im Raum quält sich.
Ich wäre ein Feigling,
Wenn ich dich nicht erhöbe
Über mich,
Dich, die wie eine Statue
Mein Schritt verhält!…

Gedanke in wacher Nacht

Es ist nicht Ewigkeit
Nicht Himmel und Hölle!
Raum mal Zeit –
Und ein Mensch ist einmal nur,
Sein Werk Friede!
Doch vollkommener sei es,
Würdig des Daseins!

Sommermorgen

Weisse Rakete steigt empor.
Dämmerung schmilzt von den Kelchen.
Schon fängt Licht ihr schwankender Rand.
In den Bärten der Mammutfichte
Blinken Diamantensplitter;
Die gespaltenen Borken, aufgetan wie Ackerfurchen,
Lechzen nach Tau.
Es duftet nach Morgen.
Atme! Atme das Leben, die Schönheit!
Die Entschlafenen atmen mit dir. –
Horizont, Rosa des Erwachens,
Zartes Gespinst des kommenden Tages.

An …

Die Träume schlafen nicht!
Wir suchen eine Stimme —
Heimweh ist Leid wie Liebe. –
Ich suche mich in Dir.
Nur eine Geste,
Blumenzart,
Wie Windeswehen über Blumenkronen.
Der Hafen Einsamkeit ist Nacht!
Wer sucht nach Sternen, wenn der Himmel trüb? –
Dein Spiel am Flügel tröstet zwar die Wunde:
Balsam aus Tönen-
Aber Sehnsucht misst jeden Schritt bis hin zu dir.
Das ist ein weites Feld, mit Klüften tief.
Entfernung ist entweihte Zeit!
Ja, ja die Träume schlafen nicht –
Heimweh ist Leid wie Liebe! …