An die Schwermut

Geh fort lass mich allein
Zu jede Stunde bist du da!
Wo schleichst du her,
Von Tod und Wahnsinn?
Von der Vernichtung immer!
Reglos lieg ich des nachts
Und der Pupille Kreise
Sind Nebelringe über Teich
Und Ginster der Seele, die du umklammerst!
Die mit dem Pulsschlag schleppen
Dein träges Gift!
Gib Ruhe,
Lodre nicht mit dunklen Flammen,
Schon so viel Asche ist in mir!
Sei nicht zu weich, Herz, zu belebt
Von tausend Dingen
Sei hart und stolz und still!
Geh fort du grauer Gast
Sieh, ich will kämpfen für die Welt!
Bist du noch hier? Geh fort,
fort, fort, ich will’s!
Nur wenn du dich von mir gewendet,
Dann bin ich Mensch bin ich vollendet

Abschied am Hafen

Die rosa Wölkchen wandern,
Die Berge schimmern in Blau
Du stehst auf dem Verdecke,
Du stille schöne Frau.

Das Schiff wird losgebunden.
Die Schraube tost- zäh und wild.
Du lehnst am schmalen Buge,
Ein stummes Marmorbild

Und wie du fern entschwindest,
Erhebst du winkend die Hand. –
Ich blicke weltvergessen
Vom menschenleeren Strand.

So standen viele am Ufer
Und fuhren mit Weh hinaus!
So endete manche Liebe,
Schritt mancher still nach Haus!

Ich weiß und kann nur lächeln. –
Und wandern mit festem Schritt.
Mein Schatten, der treue Begleiter,
Der wartet einsam mit!

Hafen in Lindau 8.3.28

Für Frl. H

Ich seh die Wälder gern – doch sie sind fern
Wie lange schon, dass sie mich nicht mehr grüßen
Oft als ich heimging, schien der Abendstern
Am Saum des Waldes lag ein Tal zu Füßen

Ade! ihr Hügel, wisst ihr mich nicht mehr,
Den jungen Wanderer, der euch oft besungen?
Einst Schritt ich fort und ohne Wiederkehr –
Und Eines bleibt nur, die Erinnerungen!

Und Eines noch, vielleicht von weißer Hand
Ein Brief – ein Bild – aus tiefem Waldesdämmern –
Bald! – später! – doch die Zeit rinnt hin wie Sand –
Und hoffend – hoffnungslos – fühl ich mein Herz hämmern!

Lindau den 24.8.32

Hamlet

Hamlet, du Bruder Shakespeares, nein sein Ich
Du Freund des Daseins, doch des Diesseins Feind
Wo es gemein, wo schuldlos Liebe weint
Der Hehler braut des Giftes Nachtgemisch.

Du führst die Klinge mit gezieltem Stich
[…]
Und schwörst dem Gaste Treue, feierlich

Ich bin dein Freund Hamlet! Der Nacht vermählt.
Empörung führt oft meines Degen Stoß
Und Wahrheit ist mir Leben – ganz wie dir.

Das falsche Recht hat oft mich krankgequält
Dem Dolch brach ich den Stahl, erbarmungslos
So bin ich dein so bist du auch mir.

Sonett (Hängst du an meinem Mund …)

Hängst du an meinem Mund, so ist es mir
Als sei dies Abschied, letztes Lebewohl!
Dnn höre ich ein Raunen dumpf und hohl,
Ein dunkles Warnen über mir und dir!

Der Andre lebt! Sein Geist führt dir den Schritt
Sein Hauch ist dir Befehl und Angst und Dank.
Mich macht er rasend, todeswund und krank.
Stets ist er da, bestimmt und waltet mich!

Noch mehr! Er raubt dich mir mit leichter Hand
Für immer! Welch ein Fluch – zu denken nicht!
Ein Fluch, ein Schmerz, der alles Glück verwischt.

Gebet der Seele! Mahnschrift an der Wand!
Den Mund, den Schoß liest du mir nur eine Nacht
Der andere siegt! Ihm gabst du alle Macht!

Für Maria

Ohne Titel (Kann ich dir sagen …)

Kann ich dir sagen, Beste, wer ich bin?
Wie ich gelebt? Wie hoffnungslos ich war?
Du weißt es nicht. Doch ist mir eines klar:
Dich träumte ich von allem Anbeginn!
Dich du Gebet der Liebe
Weib jung und klug, so wunderbar für mich!
Ein altes – neues Wort! Ich liebe dich!
Und doch ist echte Liebe namenlos.
Um deine Hüfte fällt ein Gürtel schmal
Wie gerne hätte ich gelöst die Spange. –
Abschied war nah, ich fügte mich dem Zwange!
Und doch, ich hätte Dich geliebt das eine Mal
Nun da du fort bist bin ich ohne Glück
Ich werde schreiben, wenn die Blätter fallen –
Bist du ja doch von jenen Frauen allein
Vollendung mir, Geliebte, groß und gut!

Toulouse-Lautrec

Moulin Rouge
Zirkus, Bordell
La Coulue und Valentin
Zirkus, Tanz, Musik und Lachen
Geniale Zwerg!
Im Stocke Alkohol
Im Herzen Nacht. Dennoch in Farben hell,
Oft im Kontrast zu Malventönen.
Dein Stift schwingt kühn von Pol zu Pol
Reist auf die Zeit
Dass wir uns nicht an dieses Leid gewöhnen.

Zur Ausstellung im Cavazzen

Nach dem Rendez-Vous

Das Lied ist aus, vergossen ist der Wein
Der Baum, nun Nacht, wirkt fremd und ist Vergehen
Die Möbel rings, gespenstisch anzusehen,
Sind Inseln, fern, im finsteren Dämmerschein

Das Lachen, wo? Der Kuss, der heiße Schoss?
Wo? Wo? Der Styx trägt alles mit sich fort –
Schicksal sei gnädig! Stets ein anderer Ort,
Ein andre Bild und so erbarmungslos

Hinweggewischt vom Ungeheuer Zeit,
Dass nichts mehr bleibt als Not
Das Bewusstsein, dass der Tod
Selbst sich verliert in düstere Ewigkeit!

Ohne Titel (Lass eine Nacht …)

Lass eine Nacht, mit dir geliebt, nicht morden
Von bösen Worten aus erregtem Mund.
Das ist wie Eiswind aus dem rauhen Norden,
Der klirrend fällt auf einen Blumengrund.

Verdammt sei unser Atem, unser Küssen
Und jede Geste, die verträumte Hand.
Es ist Befehl, dass wir uns lieben müssen!
Und Frevel ists, hält keines von uns stand.

Du tötest nicht das Tier am Bachesborde –
Und lächelst jeder Wolke gütig zu.
So lass verfemen alle harten Worte
Und sei ein Weib – ein Herz und sei nur „Du“!

Ohne Titel (Deine Brüste, konisch)

Deine Brüste, konisch, weiß
Blenden meinen Blick
Frau – weiche Erde –
Zog tiefer mich, Dein Leib
Paarung gibt dem Tag das Leben
Das ist gewiss
Und tausendmal gesagt, doch immer neu
Und doch nicht ausgedeutet, Ahnung nur
Wenn zwei Planeten ineinanderstürzen
Maßlos im Maß, gehorchend dem Gesetz
Das wir nicht fassen.
Magst du geliebter Schatz die Scholle sein
Die wachsen lässt den Manne
Den Mensch von Morgen!

14. August 1953