Aus der Tiefe!

Komm, arme Frau, ich weiß uns einen Ort,
Des Reichen Garten tat es an der Mauer;
Kein Scherge sitzt dort auf bezahlter Lauer,-
Wir können lieben und auch schlafen dort.

In milder und In regnerischer Nacht,
Wie oft galt mir, geschlagenem Menschentier,
Der fremde, schöne Park als Nachtquartier-
Nun sei dem Laubbett auch dein Leib gebracht!

Wie warst du müde in dem Nachtasyl
Ich sah dich ruhen durch des Vorhangs Spalten,
sah deinen Körper zum Verkaufe halten,
Voll toter Gier, im schlammigen Gewühl.

Nun gehst du still an meiner Seite hin,
Gestürzte Göttin, um mit mir zu lieben;
Nur so du fühlst, dass ich wie du vertrieben,-
Verzichtest du auf klingenden Gewinn.-

So eingefühlt in Hunger und in Weh.
Und ganz einander in verdorrten Weinen
So gehen wir trotz Elend doch im Reinen,-
Fern von der Schwermut unheimlicher See.-

Einst kommt der Tag, mein Kind, – in Sturm entfacht,-
Wo mir uns frei als Menschen – neu begegnen –
Nun denn, lass du für heute leis dich segnen

An

Sieh, wie ich sitze in dem Stuhl der Sorge
Umwölkt von Dämmerung,
Ihr Atem trägt mich fort zu dir
Die Sterne groß wie Sonnen, von van Gogh!-
Milchstrasseneinsamkeit weckt Weh
Und doch ein Glücksgefühl
Sie waren alle einsah so wie ich,
Die Künstler, die ich liebe und verehre…
Und hatten das Alleinsein schwer zu tragen,
Bis eine Explosion in ihrem Werk sie tief erlöste! –
Ja, dürfte ich nah dir sein.
Und sprechen von den letzten Dingen,
Bevor der Vorhang fällt! Das Sein erlischt!
Sehnsucht ist Hölle und unerlöst der Künstler, der empfindet.
Sende dein Spiel, das esoterisch schweben lässt fern dem Planeten
Seltne Begegnung! Sie zerbrach den Kummer meiner Nacht!
Gib deinen Flügel Schwingen, wenn du kannst.-
Lebt Wiedersehn?
Das Schweigen schenkt der Stunde?
Vergessen kann ich nicht den gelben Schleier.
Kannst du ihn wehen lassen durch des Mondes Rund-
Zu mir, zu meinen Bildern, stumm und wartend?…..

1967

Abwägung

An den Ufern des Zürichsees saß ich oft
Und betete Iächelnd die Mädchen an.
Ich glaubte an ihr Engelsgesicht
Und dachte: Wie niedrig ist der Mann!
Und schrieb verzücktes Gedicht,
Später, als ich reifte und wissend ward,
Die Dinge erkannte, wie sie sind,
War ich zu mir und den Frauen hart
Und blieb dennoch zart wie ein Kind!
Ich traute nicht mehr dem Märchenschein,
Die Seen des Auges sind tief-
Doch fühl ich mich groß in die Frauen ein,
mit denen ich einstmals schlief
Ach, eine, die war schwarz und bleich.
Ich küsste den tanzenden Fuß,
Nun ist sie verloren- fern und reich,
Sie schickt mir noch manchen Gruß!
Und eine, die steht mir zur Seite treu
Und heimatlich ist ihr Schoss.
Die Blonde ist weit im Norden verweht.-
Die Braune nah und verflucht!
Sie ists, die düster vor mir steht,
Mit Blut im Erinnern sich bucht!

Dichter und Atombombe

Dichter lieben das Schöne,
Die Wahrheit,
Die Gerechtigkeit!
(Oder sie sind Lügner!)
Das vollkommene Wort
Ist ihr Baustein,
Verse sind Quader,
Und über dem Tempel des Kunstwerks
Weht die Fahne der Freiheit!
Wie könnten sie schweigen
über die Bomben des Todes?
Über Atome, gespalten, gefangen
Im Mantel des Kobalt.
Liebt nicht der Dichter die Kinder,
Die Frauen, die Erde?
Liebt er den Frieden nicht und jeglichen Fortschritt?
Könnte er leben, wenn Städte, Länder zerdrückt
Vom dreifachen Glutpilz der Bombe?
Ja, seine Sorge muss gelten dem Frieden der Welt.
Mond und Blume, Gras und wehende Winde,
Alles besungen schon tausendmal von Vielen
(All dieses Schöne lebt erst im Reiche des Friedens!)
Ist nicht die Mitte. Mitte ist Mut
Jetzt zu sagen, dass Sonnenflammen
Häuser und Menschen zerschmelzen,
Wenn Todesvögel werfen die furchtbaren Bomben.
Aufruf im Wort! Aufruhr im Vers
Sei fortan des Dichters Losung.
Warnender Ruf rolle wie Donner dahin.
In die schlafenden Hirne der Menschen
Zucke der Blitz der Erkenntnis:
Menschen, Menschen erwacht!
Denkt an die Männer, die täglich
(Auch, wenn ihr schlaft des Nachts)
Schaffen am Höllenwerke.
Horcht auf den Schrecktraum der Kleinen
Im daunigen Bett.
Seht, wie Roboter messen mit Zirkeln die Erde,
Scharf zu erforschen, wie weit der Tod den Kreis schlägt….
Denkt, dass nur Neues kann retten
Den Morgen, ersehnt von den Besten

17.6.1954

Ohne ihre Liebe!

Kennst du jene stummen Leiden
Die geheime Liebe hegen,
Kennst du jene seltnen Freuden
Die des Dichters Herz bewegen?

Und die Tränen, jene zagen
Von dem Wehe selbst geboren,
Ach, ich darf es dir nicht klagen
Wie ich ihrer viel verloren!

Nein du kennst nicht jene Stunden,
Kennst das Leid nicht, keine Schmerzen
Die ich doch so tief empfunden
In dem armen Dichterherzen.

Doch mein Liebchen, du wirst immer
glücklich sein auf dieser Erden.
Doch ich Ärmster kann es’nimmer
Ohne deine Liebe werden!

1917

Liebe

Ich will ohne Gnade
Dich lieben und dein Leben steigern.
In deine Augen abstürzen,
In die sanfte frauliche Mitternacht!
Verzeih! Nein, verzeih nicht!
Ein Feigling, der die Wahrheit nicht wagt
Will die Raserei des Blickes hemmen
Und will doch dein Blut!
Bedenke, Dichter sind romantisch und silbern
Wie Birken…
Verzeihe mir! Verzeihe mir nicht! …

7.3.1969

Aussprache

Geliebte, Du bist die Ewigkeit.
Auch ich bin die Ewigkeit.
Du bist nicht die Ewigkeit –
Auch ich bin die Ewigkeit nicht.
Verzeih dem Dichter,
dass er so tief in dein Herz dringt.
Und die Hieroglyphen der Liebe
In deine Seele einmeißelt.

Der Maler spricht

Ich will mit Feuer malen,
Flammen über die Leinwand fauchen lassen.
Sonnenstrahlen sollen züngeln,
Mit Leuchtfarben das Leben anfachen.
Paradiesische Höllenglut-
Rot sei wie ein blutiger Kuss,
Schwarz heller wie tausend Sonnen
Je tiefer draußen das Laub
In die glitschige Umbraerde fällt.
Ich will mit Feuer malen

September 1967

Schlaft wohl, ihr Brüder

Schlaft wohl, ihr Brüder allzumal,
Schlaf wohl, du großes Meer.
Du tapfre Garde, ohne Zahl
Ihr alle seid nicht mehr.

Ihr Namenlosen liegt im Grund,
Ihr Opfer großer Zeit.
Wir trauern hier mit bleichem Mund,
Trauern in Ewigkeit.

Und doch schlägt uns der Jammer nicht
Ihr Brüder hört den Schwur-
Wir führen doch die Welt zum Licht,
Und gehn auf eurer Spur.

Wir werden euer Weib und Kind
niemals vergessen, hört!
O heilger Schwur, o heilger Schwur
Den man am Grabe schwört.

Schlaft wohl, ihr Brüder allzumal,
Mit Augen tief und hohl,
Du tapfre Garde ohne Zahl,

Angeln

Zu sitzen so im frühen Licht
Vorfrühlingswellen im Gestein
so seh ich in dein Angesicht,
Natur, und bin ganz erdgemein.

Die Gerte steigt aus dem Idyll;
zum Korke schau ich unverwandt,
da zuckts- und spannend halt ich still
und endlich glänzt ein Fisch an Land,

Und ist der Fang auch selten groß
und fluch ich oft auch im Verdruss:
Es ist einmal des Anglers Los,
dass er Enttäuschung tragen muss.

Wir warten oft im Gossenschlamm
auf blödes Ding in blödem Mut,
so aber seh ich wundersam