Empfindung

Geist wird zur Blume
Aus Stoff wie Traum
Taube diademt von Seelenperlen.
Im Kelchesgrund purpurend das Herz.
Gedanken narkotischen Dufts.
Emporwachsend in Ewigkeit
Zittern in – Gottesschauern. –

1919

Trost

Aus so verlittnen Stunden,
Aus diesen letzten Wunden,
Glänzt doch ein Strahl von Licht.

Seltsames Seelenscheinen –
Steigt aus dem Erdenweinen
Und aller Schmerz verlischt.

Der Harmonien Milde
Blickt aus dem Sternenbilde
In unser Angesicht!

Sei ruhig Bürger

Sei ruhig Bürger, es geschah nicht viel.
EIn Clown ist nur verreckt in scheeiger Nacht!
Indessen ihr bei Weihnachtssang und Spiel
Die Stunden fromm und warm verbracht.

Er wollte heim und lief schon tagelang.
Er wollte heim, der Zirkus spie ihn aus.
Der Hunger nagt, die Sehnsucht macht so bang.
Nachhaus, nachhaus!

Das Feld ist weit, erschauernd kalt der Wind.
Das Dunkel, fern der Großstadt Schein.
Er läuft und läuft, wo wimmert dort ein Kind?
Dämone stürzen auf ihn ein.

Er steht und friert und schreit nach Mensch und Gott.
Und lacht! Verflucht! Gott? Mensch? Der Weg ist weit.
Er wankt und taumelt nur in blödem Trott.
Das Ziel, das Ziel! Das Weib! Das Kind! Es schneit.

Nun schwärmt sein Geist! – Ein Schuh rollt in den Schnee.
Wie? Beifall? Und dort Lichter aufgesteckt?
Musik und Wärme, Speise, heißer Tee?
Er stürzt und ruft und ist verreckt!

Sei ruhig Bürger, das ist deine Pflicht!
Wir aber sehen dieses Narren Tod,
Sein bleiches starres Menschenangesicht
Von einer Flamme, heiß und rot,
Umloht!

8. 1. 1929

An Ringelnatz (Im wilden Geschehen…)

Im wilden Geschehen verlor ich dich,
Dann warst du tot!
Ich hatte Not
Mich nicht weinen zu sehen.
Nun liegst du weich.
Und wer spricht von dir?
Doch wie ein Bruder gibst du mir
Spötter, trauerndes Ungeheuer,
Narre mit dem heiligen Feuer!

In einem Gässchen, in einem schmalen,
Mit niedrigen Türchen und feien Hürchen,
Und Schatten und schiefen Fensterluken.
Dort wolltest du spuken!
Ich ging die Gassen auf und ab,
Doch fest, mein Freund, hält dich das Grab.
Zu spät!
Man muss sich eben gestehen –
Wer starb –
Kann nicht mehr spazieren gehen!

Ohne Titel (Ist doch der Tag das Leben)

Ist doch der Tag das Leben
Und kann uns alles geben:
Sein leuchtendes Kristall –

Doch wenn wir auch nicht bangen
Die Flur ist schon verhangen
Von nächtlichem Gewölk!

Ohne Titel (Und nun noch…)

Und nun noch, weiß ich, dass Dir Verse blühn
Wie Himmelsblumen, aus der Seele Reich
Du eine Dichterin, kannst auch erglühn
Zum ernsten Wort, wie Lotusblüten bleich.

Wie sollt ich da, ein Maler und Poet
Nicht dir zu Füßen sinken, glücksberauscht
Ich weiß, im Buch des Lebens steht –
Das Dichterliebe schönste Liebe täuscht.

Liebe ist Kunst – die  Kunst ist unser Reich –
Wie würden wir in diesem Lande, kühn,
Vom Firmament die letzten Schleier ziehn
Amor und Psyche in Vollendung gleich

Die Loreley

Ich weiss nicht, was soll es bedeuten,
Dass ich so traurig bin,
Eine Nachricht aus jüngsten Zeiten,
Die gehn mir nicht aus dem Sinn.
Sie haben ihn unterminiert,
Den alkten Felsen am Rhein;
Ich möchte jetzt nicht die Jungfrau
Auf dem Pulverfasse sein!

Feststellung

Von allem Lieben,
Ist nichts geblieben.
Wie ich auch suchte
Und buchte
Die Rechnung ist nie aufgegangen,
Doch immer lebt noch das Verlangen,
Ja, das Verlangen lebt und sucht –
Wer tiefer denkt, der ist verflucht.

Vorschlag

Verbote hier, Verbote dort,
Verbote an jedem beliebigen Ort!
Es wäre nun wirklich an der Zeit
Und für den Staat eine Kleinigkeit
(Sowas versteht doch die Bürokratie)
Streng zu verbieten
die Poesie!

Der Philister

Das Gehirn ein Schlauch,
Dick war der Bauch,
Abends ein Bier,
Kinder so vier,
Bezieht Pension,
Sechs Jahre schon;
Noch die Alte und das eigene Haus!
Aus!