Walter von der Vogelweide

Eine Burg am Felsenhang.
Süsse Mine unterm Tor,
Die im Jugendüberschwang
Deine Leier auserkor.

Strassen, Wege, Fluss und Tal;
Lager hinter Busch und Baum
Und die Sterne ohne Zahl
Und im Schlaf ein holder Traum.

Doch der Traum zerrinnt im Licht,
Heiss des Mittags Sonne brennt.
Den Poeten, sein Gedicht,
Städter nicht und Landmann kennt.

Fegt der Sturm ins weite Land,
Peitscht die Wälder, regenschwer;
Trabt das Ross in Schlamm und Sand,
Not und Trauer nebenher.

Und der harten Ritter Hohn
Kennt nicht wahren Dankes Pflicht
Zweier Völker grosser Sohn
Altert Gram das Angesicht.

Einer Dämm’rung Abendrot
Ross und Reiter einst beschien
Und dann kam sein milder Tod
Und erlöste ihn.-

1949

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