Sonett (An mir vorüber gingst du, jäh erschaut)

An mir vorüber gingst du, jäh erschaut,
Das Kleid, ein Vlies, ein Schleier, blumenbunt,
Doch farbenmild, zartbraun auf gelbem  Grund,
Die Schuhe, klein, von blauem Licht betaut.

Dein Haar, gelieh’n von eines Engels Haupt,
Das Angesicht gemalt von Meisterhand,
Der Gang Musik, – Ich blickte unverwandt
Der Schönheit nach, die plötzlich mich beraubt

Der Tagessorgen und mein trunknes Blut
Gab wilden Wünschen nach – doch, ach, vergebens,
Entschwunden warst du bald und alle Lust.

Vorbei der Blick, der mich zur Tränke lud –
Den Durstigen des kargen Wüstenlebens,
Doch eines blieb – Gesang – in meiner Brust.

7.9.1949

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