Melancholie.

Weh, das mich traf, als in den Kindernächten
Von fern die Hunde bellten und der stille Knabe
Plötzlich erwachte und mit einem Mal
Den Uhrenzeiger verwandelt sah zum Finger
Eines Gespenstes.
Wie war allein das Herz!
Melancholie, die später mich erfasste, als Freunde
Den Jugendschwur verrieten,
Die Mädchen die Liebesnacht verlachten
Und des Poeten Lied!
Trauer, die dann emporstieg, als die Not des Volkes
Der Jüngling sah – Dummheit dem Geist befahl –
Und Krieg vom Frieden log.
Melancholie, Einsamkeit der  Gestirne,
Du Angst vor Sein und Nichtsein
Du gähnst und drohst aus unerforschtem Grunde.
Und dennoch, wie ein leuchtender Kristall
Scheint uns der Tag im unerkannten All
Und aus dem tiefen Schwarz, Melancholie,
Schöpft -rätselhafte Kraft – das denkende Genie!

1957

Gedichte A bis Z