Farben

Wie das Kind sie liebte, wie bunte Zuckerwürfel
Lagen sie im Malkasten.
Und später, im Krankenlager von 2o Jahren –
Gaben sie Leben, Naturkraft!
Umbra, satt, tief, erdig, wie in sich selbst leuchtend, Zinnoberbrand. Spektrum des Kadiums,
Bergquelle des Grüns.
Ihr Farben alle, Material aller Meister,
Der grossen Gemälde.
Unsterbliche Bildnisse in Museen,
Oder vergessen, vorstaubt in spinnwebigen Mansarden. – Michelangelo, Rembrandt, die dunklen Holländer.
Gauguin verbrannte, in den Flammen seines satten Rotes,
Utrillo verliebt in sein weiss mit Gips gemischt,
Vlaminck leuchtete im Gelb ‑
Und rang mit des Paingraus Todesschatten –
Renoirs Palette prangte bunt in Blumentönen.
Tuben, Leinwände, Pinsel…
Die edlen Akte Modigliani – nackter als nackt –
Konische Hügelbrüste, Schösse verdammt und gebenedeit Fleischhocker, sammetwarmer Purpur des Hintergrundes.
Kaltes Kobald.
Künstlerleben oftmals wie Fluch oder Reichtum und Erfüllung! Farben, gewonnen aus der Erde, von Tieren, den Elementen –
Erhöht zuletzt zum Höchsten
Zur Kunst!

8.6.1966

Gedichte A bis Z