Die Sirene

Wie sie brüllte, wie sie schrie,
Wie ein tückisches Vieh,
Des nachts, am Tage, im Morgengrauen,
Wie sie sich krallte mit Drachenklauen
In das Herz, in die Brust, in das bebende Blut,
Wie unter ihrem eisernen Hut
Die Angst sich ballte, wild und krank,
Und die Stille der Erde in Qual versank.
Wißt ihr es noch?
Und was dann geschah, vergaßt ihr es schon?
Dann kam das Brausen, das Flammenloh’n,
Das Dröhnen, das Krachen, das Schrein, das Schrein,
Das Beten — das Sterben. in Massen — allein!
Menschheit, das war das jüngste Gericht.
Leichen, Verbrannte, verkohlt das Gesicht,
Und mitten hinein schrie die Sirene, schrie!
Wißt ihr noch, wie?
Und es glaubten so viele nicht an den Sieg,
Und es schworen so viele: Nie wieder Krieg!
Nun schweigt sie, nun ist erdrosselt ihr Schrei
Und alles vorbei!
Doch es lebt in den Völkern der heilige Eid:
Nie wieder Bomben — für alle Zeit!

Erschienen in „Gedichte der Zeit“ von William Becher, Volksbücherei Singen a.H., 1946

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