Dichter und Atombombe

Dichter lieben das Schöne,
Die Wahrheit,
Die Gerechtigkeit!
(Oder sie sind Lügner!)
Das vollkommene Wort
Ist ihr Baustein,
Verse sind Quader,
Und über dem Tempel des Kunstwerks
Weht die Fahne der Freiheit!
Wie könnten sie schweigen
über die Bomben des Todes?
Über Atome, gespalten, gefangen
Im Mantel des Kobalt.
Liebt nicht der Dichter die Kinder,
Die Frauen, die Erde?
Liebt er den Frieden nicht und jeglichen Fortschritt?
Könnte er leben, wenn Städte, Länder zerdrückt
Vom dreifachen Glutpilz der Bombe?
Ja, seine Sorge muss gelten dem Frieden der Welt.
Mond und Blume, Gras und wehende Winde,
Alles besungen schon tausendmal von Vielen
(All dieses Schöne lebt erst im Reiche des Friedens!)
Ist nicht die Mitte. Mitte ist Mut
Jetzt zu sagen, dass Sonnenflammen
Häuser und Menschen zerschmelzen,
Wenn Todesvögel werfen die furchtbaren Bomben.
Aufruf im Wort! Aufruhr im Vers
Sei fortan des Dichters Losung.
Warnender Ruf rolle wie Donner dahin.
In die schlafenden Hirne der Menschen
Zucke der Blitz der Erkenntnis:
Menschen, Menschen erwacht!
Denkt an die Männer, die täglich
(Auch, wenn ihr schlaft des Nachts)
Schaffen am Höllenwerke.
Horcht auf den Schrecktraum der Kleinen
Im daunigen Bett.
Seht, wie Roboter messen mit Zirkeln die Erde,
Scharf zu erforschen, wie weit der Tod den Kreis schlägt….
Denkt, dass nur Neues kann retten
Den Morgen, ersehnt von den Besten

17.6.1954

Gedichte A bis Z