Dein Kinderangesicht von Fieberflammen
Versengt.
Delirien reissen dich in wirre Bilder:
Miep holt die alte Jüdin in die Wohnung.
Sie ist gerettet!
Du lächelst –
Margot und dich trennt man im Lager von Mutter jäh.
Sie rast und schreit und schlägt den grausamen SS –
Jetzt weinst du, wirfst empor die Hände:
„Mutter!“
Ruf aller Rufe! Er verhallt in dieser
Verdammten Todeshöhle echolos!
Du siehst die Leichen nah an der Baracke,
Skelette – die Schande Deutschlands!
Du siehst dein Tagebuch, die Blätter wirbeln
Über die Welt, Millionen Augen lesen, lesen!
O schöne Ahnung..
Wer von den Freunden netzte dir die Lippen nicht
Mit seinem Blut in dieser Fieberstunde?
Wer bräche jetzt nicht ein in das Geviert des Lagers,
Dich zu retten?
Zwei Monde noch – dann wäre Freiheit nah, –
Die Rettung!
Zwei Monde aber starben, welkten hin.
Der dritte sah dein Grab!
Wir kennens nicht! Gebeine rings, begrabner Schmerz und Hass
Und dennoch niemals tot! –
Geliebtes Kind, aus deinem Leben steige,
Aus deiner Qual die hohe Kraft
Der Überlebenden, der wahren Freunde,
Für Frieden, Menschlichkeit zu kämpfen,
Für eine neue, tiefe Menschlichkeit!
Sieh nieder auf die Welt, wir sind am Werk,
Wir fänden Schlaf sonst nicht
Und wären unwert, deinen Namen auszusprechen
Und zu hoffen, dass gut der Mensch in einem neuen Morgen!
Geliebt Tote, die die Welt erschüttert
In dieser Zeit, in der künstliche Sonnen
Explodieren – geschleudert von den Feinden dieser Erde!